Sonntag, 6. August 2017

Pflegesachleistungen im EU-Ausland

Hier geht es um ein Grundsatzthema: Die Pflegesachleistung im EU-Ausland und warum gerade die eben nicht exportierbar sein ist und nach unserer Meinung, diese Nichtexportierbarkeit ggf. sogar gegen Menschenrechte verstößt.

Bevor wir aber in die Analyse gehen, hier ein paar Daten, die für die weitere Analyse von Bedeutung sind:


Natürlich haben wir in einem Schreiben an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG)  erst einmal klären wollen, warum überhaupt die Pflegesachleistungen nicht in das EU-Ausland exportierbar sind, obwohl der Bundesbürger doch in die deutsche Pflegekasse einzahlt. Nach langem Warten erfolgte auch die Antwort. In der Antwort wird erst mal auf ein Urteil vom 16. Juli 2009 verwiesen (AZ: C208/07). Schaut man sich den Sachverhalt genau an, fehlt ein Begriff. Der Begriff "Behinderung".

In dem weiteren Verlauf des Antwortschreibens wird auf die (EG) Nr. 883/2004 verwiesen.
Für uns interessant, da diese Richtlinie aus dem Jahr 2004 ist und die Unterzeichnung der UN-BRK erst 2009 erfolgte. Also eine Richtlinie die vor der Unterzeichnung der UN-BRK entstand.

Dann heißt es in dem Antwortschreiben des BMG (Zitat):

"EuGH - hat mit dem „Molenaar-Urteil“ vom 05.03.1998 entschieden, dass auf die deutsche (soziale) Pflegeversicherung die für die gesetzliche Krankenversicherung gültige EWG-Verordnung Nr. 1408/71 anzuwenden ist."

Leider ohne Angabe eines Aktenzeichens, so dass wir vermuten müssen, dass es sich um das Urteil des EuGH AZ: C-160/96 handeln muss. Was auffällt: Das Urteil entstand vor der Unterzeichnung der UN-BRK ...

Im weiteren Verlauf aus dem Schriftwechsel mit dem BMG kam dann der Verweis auf ein Urteil vom Bundessozialgericht (B 1 KR 10/11 R). Was dieses Urteil allerdings mit Pflegesachleistungen zu tun hat, konnten wir bis heute nicht ergründen und auf unsere Nachfrage beim BMG diese Antwort nie erhalten, denn in der Klage ging es darum, dass ein Mensch mit Behinderung eine Leistung haben wollte, die selbst "Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung " nicht enthalten ist und der Kläger hier einen Verstoß gegen die UN-BRK sah.

Auch der folgende Versuch des BMG, hier eine Erklärung zu finden, ist nach unserer Meinung nicht plausiblen gewesen, so dass für uns die Fragestellungen weiterhin bestehen bleibt:



Verstößt die Bundesrepublik Deutschland gegen die UN-Behindertenkonvention?



Wie begründen wir diese Frage:

Für einen (aktiven) Zahler in die deutsche Pflegeversicherung sollte es unerheblich sein, in welchem EU-Land er die Leistungen aus solcher bezieht, denn sonst findet eine Spaltung behinderter Menschen statt. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, dass auch pflegebedürftige Menschen, also solche mit einer "chronisch dauerhaften Erkrankung" welches gem. § 2 SGB IX  als Menschen mit Behinderung zu betrachten sind, auch als solche zu schützen sind und nicht, nur weil sie ihr Recht auf "Freie Ortswahl" nach der UN-BRK (Art. 18c UN-BRK) nutzen wollen, eingeschränkt werden dürfen.

Zitat Art 18c UN-BRK: Menschen mit Behinderungen die Freiheit haben, jedes Land einschließlich ihres eigenen zu verlassen ...

Genau dieses wird aber Menschen mit Behinderung verwehrt, wenn diese eine Pflegestufe haben.
Pflegebedürftig bedeutet nämlich nicht, dass ein Mensch im Pflegeheim verweilt, sondern ggf. durch einen angehörigen das Glück der häuslichen Pflege hat. Sollte aber der Angehörige einmal selbst erkranken oder die Pflege selber nicht mehr fortführen können, Tritt der Fall ein, wo Pflegesachleistungen (bspw. Pflegeheim oder Verhinderungspflege) zum Tragen kommen.

In anderen Beispielen geht es vielleicht nur einfach um die Gehhilfe, die ausgetauscht werden muss.


Das es ein Ungleichgewicht gibt, ist auch an anderen Beispielen zu erkennen. Würde bspw. ein Bürger aus den Niederlanden nach Deutschland "auswandern" hätte, dieser in Deutschland SOFORT Anspruch auf ALLE Pflegeleistungen. Anders sieht es dann aber bspw. wieder in Spanien aus, wo Pflegeleistungen (Pflegeheim) eine 5 jährige Residenz erforderlich machen sollen (Anfrage bei der spanischen Regierung blieb bisher unbeantwortet)


Gerade solche Regelungen zeigen, dass Europa eben doch nicht so vereint ist, wie man es erwarten sollte.

Interessant hierzu auch der Artikel 21 aus der

CHARTA DER GRUNDRECHTE DER EUROP˜ISCHEN UNION (2000/C 364/01) 
PDF-Download hier:



Artikel 21:

Nichtdiskriminierung
(1) Diskriminierungen, insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung, sind verboten.

(2) Im Anwendungsbereich des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union ist unbeschadet der besonderen Bestimmungen dieser Verträge jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.










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