Bevor wir zur Klärung der Frage kommen, möchten wir uns erst einmal bei allen bedanken, die an der Abstimmung teilgenommen und/oder uns ihre Meinung mitgeteilt haben.
Leider ist die Klärung der Frage nicht ganz einfach, da hier in vielen Fällen eine Einzelfallbetrachtung notwendig wäre. Daher wollen wir in diesem Beitrag nur ein paar Aspekte beleuchten.
Für jene, die Interesse haben, geben wir am Ende des Artikels die Möglichkeit, sich in einen E-Mail Verteiler einzutragen. Dieser Verteiler ist dafür vorgesehen, dass betroffene, die den Klageweg einschlagen wollen, sich in einer geschlossenen Gruppe austauschen können. Zur Vermeidung von Spam, können diesen Verteiler nur jene verwenden, die auch eingetragen sind.
Kommen wir jetzt aber wieder zum eigentlichen Thema:
Die Umfrage, welche wir gestartet haben, zeigt ein deutliches Meinungsbild, welches in dieser Grafik sichtbar ist:
Da wir in den Diskussionen erkennen mussten, dass nicht jeden klar ist, wer überhaupt als Empfänger für Leistungen nach § 41-46 SGB XII in Frage kommt, hier eine allgemeine Definition:
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
Wir kennen 3 Gruppen von Rentner:
1. Rentner aufgrund von Alter, Bezieher der Altersrente (Rentner)
2. Rentner wegen "teilweiser Erwerbsminderung" - (EM/EU-Rentner)
3. Rentner wegen "voller Erwerbsminderung" - (EM/EU-Rentner)
Aus unserer Sicht ist diese Unterteilung enorm wichtig.
1. Bei Bezieher der Altersrente, muss die Frage gestellt werden: Warum bekommen diese überhaupt noch "Urlaub"? Diese Gruppe der Rentner steht dem Arbeitsmarkt eh nicht mehr zur Verfügung.
2. Der Rentner wegen "teilweiser Erwerbsminderung". Hier muss man bedenken, dass dieser durchaus noch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, wenn auch nur eingeschränkt. Sollte dieser aber zudem eine Behinderung aufweisen, stellt sich natürlich die Frage, ob ihm nicht ein Zusatzurlaub nach
§125 SGB 9 zusteht.
3. Rentner wegen "voller Erwerbsminderung". Also wieder jemand, der dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung steht. Wir fragen uns, warum man diesen Menschen den längeren Aufenthalt verbieten will? Manchen Menschen geht es, aufgrund von Klima, ggf. im Ausland besser und können so sogar das deutsche Gesundheitssystem entlasten. Mit der Einschränkung aus §41a SGB XII, steht diese Möglichkeit aber nur noch jenen zu, die eben keine Bezieher von Leistungen aus
§41a SGB XII sind.
Kommen wir jetzt zu Fallbeispielen, die ebenfalls an uns ran getragen wurden:
Beispiel 1:
Kinder/Familie lebt im EU-Ausland. Rentner ist schwerbehindert. Kann also kostenlos zu der Familie/Kindern reisen (siehe auch unseren Beitrag "
Gilt mein Schwerbehinderten Ausweis im EU-Ausland?"). Belastet also mit der Reise nicht die Staatskasse. Warum wird diesen Menschen der längere Aufenthalt verwehrt?
Beispiel 2:
Rentner/in befindet sich in Altersrente. Möchte an gemeinnützigen Projekten teilnehmen, oder an anderen Projekten. Hat dabei keine Einkünfte aus den Projekten und die Fahrt wird finanziert. Da solche Projekte oft länger als 4 Wochen dauern, stellt sich auch da die Frage, warum wird diesen Menschen der längere Aufenthalt verwehrt?
Beispiel 3:
Rentner/in möchte dauerhaft ins EU-Ausland. Diese Situation ist eigentlich geklärt. Dieser Personenkreis wird seinen Aufenthalt zu den neuen "Bedingungen im EU-Ausland" genießen dürfen.
Zwar kann man auch hier fragen, warum solchen Menschen die Leistungen verwehrt werden, wenn sie eben nicht mehr "dem allgemeinen Arbeitsmarkt" zur Verfügung stehen?
Beispiel 4:
Kinder leben mit der Mutter im nahen EU-Ausland, Rentner (EM) möchte seiner Umgangspflicht nachkommen. Kann er jetzt nicht mehr, denn das würde die 4 Wochen überschreiten.
Beispiel 5:
EM-Rentner hat die Möglichkeit im EU-Ausland (Österreich) seine Krankheit zu rehabilitieren. In Deutschland geht das nicht, da hier die entsprechende Fachklinik fehlt. Leider verbietet im jetzt der §41a SGB II einen solchen Aufenthalt, da die Reha mindestens 6 Wochen dauert.
Diese Beispiele sind uns bisher berichtet worden und nicht alle haben die Kraft, hier jetzt vor dem Sozialgericht zu klagen.
Kommen wir noch zu einem anderen Aspekt. Rentner (in welcher Definition auch immer) und schwerbehindert:
Laut
UN-Behindertenkonvention (UN-BRK Art. 1), welche als Völkerrecht einem Bundesgesetz gleich steht (Art
25 GG) , gelten (Zitat) : "
..... mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben ..." somit Menschen, die Rente wegen Erwerbsminderung beziehen, als behindert. Denn schließlich erfolgt eine Erwerbsgeminderten Rente wenn (Zitat
§43 SGB VI): "
... erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ...". Daraus ergibt sich natürlich die Frage, in wie weit der
§41a SGB XII sich mit dem Art 14 (a) der UN-BRK vereinbart, denn da heißt es (Zitat): "
dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen das Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit genießen"
Auch die
UN-Menschenrecht Konvention (PDF-Datei) beschreibt im Artikel 2 (Zitat) : "
Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand. ....". Genau der Punkt "
soziale Herkunft, Vermögen oder sonstigen Stand" wirft die Frage auf, ob hier nicht
§41a SGB XII gegen verstößt? Zumal die
UN-Menschenrecht Konvention ebenfalls nach Art
25 GG als Bundesrecht zu betrachten ist.
Für viele ist der Aufenthalt im Ausland auch gar kein Urlaub. Gerade chronisch kranke Menschen reisen gerne in den Wintermonaten in wärmere Länder und das hat oftmals gesundheitliche Aspekte. Denken wir nur an Krankheiten wie bspw. Rheuma und Allergien. Diese Menschen können durch ihren Aufenthalt im Ausland, in der für sie belastenden Zeit, eine Linderung der Erkrankung erfahren und somit die Gesundheitskassen und das Sozialsystem erheblich entlasten. Wer jetzt die Frage stellt, wie jemand mit Grundsicherung sich eine Reise leisten kann, für den haben wir eine Antwort in diesem Artikel "
Gilt mein Schwerbehinderten Ausweis im EU-Ausland?". Wenn sich dann noch im Ausland eine kostenlose Unterbringungsmöglichkeit auf Zeit befindet, dann ist sichergestellt, dass die Finanzierung nicht aus der Grundsicherung erfolgt, zudem in der heimischen Wohnung, in der Zeit weder Wasser, Strom und Heizkosten anfallen, was die Sozialkassen weiter entlastet. Mit dem
§41a SGB XII will man das aber alles nicht mehr, sondern geht sogar bewusst die mögliche Mehrbelastung für den Steuerzahler ein und das zu Lasten behinderter Menschen.
Ganz anders sieht die Situation natürlich aus, wenn sich jemand dauerhaft im Ausland aufhält, dort also seinen Lebensmittelpunkt hin verlagert hat. Dann sollte man durchaus überlegen, ob Leistungen nach dem SGB XII einzustellen sind. Aber auch hier kann man fragen:
Warum eigentlich? Wenn jemand nicht mehr arbeiten kann, wo sieht der Staat den Unterschied, ob jemand sich in Deutschland aufhält, oder im Ausland?
Unserer Meinung nach
schränkt der § 41a SGB XII
den Rentner in seiner Freiheit und Autonomie ein.
Unsere Frage daraus:
Darf man behinderte Menschen in zwei Klassen einteilen, indem man jene, die Grundsicherung benötigen weniger Reisefreiheiten zusichert?
Warum soll der Altersrentner, in seiner Reisefreiheit eingeschränkt werden, anstatt ihm das Recht auf einen selbst gestallten Lebensabend zu gewähren? - Ist das der Lohn der Arbeit?
Die Frage, ob jemand klagen soll, können auch wir nicht beantworten. Da aber Klagen vor dem Sozialgericht kostenlos sind, sollte sich aber jeder mit dieser Frage auseinandersetzen.
Am Ende ist jeder Fall für sich individuell und wohl nur wenige Fälle, können ggf. auch Grundsatzentscheidungen herbei führen.
Ob dann die Entscheidungen der Sozialgerichte es erforderlich machen ggf. eine Beschwerde bei der UN einzureichen, wird sich zeigen, sobald die ersten Rechtsprechungen erfolgt sind.
Wir würden es aber sehr begrüßen, wenn jene die klagen möchten, sich in unserem E-Mail Verteiler zu diesem Thema, eintragen würden und uns als auch andere betroffene, somit mit "neusten" Informationen versorgen könnten.
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Zum Abschluss noch ein paar Meinungsbilder die uns aus der Umfrage und über soziale Medien erreicht haben. (anonymisiert)